Schwäbisch hall
Das Christkind ist ein Mädchen
In
russischsprachigen Ländern wird Weihnachten in der Nacht vom 7. Zum 8. Januar
gefeiert. Aber viele russlanddeutsche, die in Deutschland leben, feiern am 24.
Dezember. Trotzdem pflegen sie eigene Traditionen.
Foto: Ufuk Arslan
Zum Feiern gehören
festliche Speisen. Wer die
russische Küche mag, kann sich zum Beispiel im Hessentaler Laden
"Kalinka" die Zutaten besorgen - und dabei Leute aus verschiedenen
Ländern treffen. Die meisten Kunden sind Aussiedler aus Kasachstan, die in den
90er-Jahren die Möglichkeit hatten, nach Deutschland zu ziehen, weil ihre
Vorfahren Hiesige waren. Sie gehen zu "Kalinka", um zum Beispiel Pelmeni,
das sind Teigtaschen mit Hackfleischfüllung, oder die russische Schokolade
"Alyonka" zu bekommen. Man hat fast den Eindruck, dass man in
Russland sei, wenn man im Laden steht. Fast alle unterhalten sich auf Russisch.
Olga (die Gesprächspartner wollen ihre Familiennamen nicht in der Zeitung
lesen) kommt aus Tadschikistan und ist vor 20 Jahren nach Deutschland gezogen.
Heute arbeitet sie in der Fleischabteilung des Geschäfts. "Was mir als
Erstes einfällt, ist, dass sich in der Weihnachtszeit viele russische Frauen ihre
Zukunft mithilfe von Kartenlegen und Kaffeesatz voraussagen lassen. Auch ich
habe das gemacht", sagt Olga. "Hätten wir viel Geld, würden wir das
ganze Jahr lang Weihnachten feiern", meint Arthur, der seit 1997 mit
Ehefrau Galina in Hessental lebt. "Unsere Kinder mögen es, im Schnee zu
spielen", sagt Galina. Ekaterina aus Pawlodar im Norden Kasachstans
erzählt, dass sie einfach im Familienkreis zusammensitzen und sich darüber
unterhalten, was ihnen auf dem Herzen liegt. "Meine Mutter ist in dieser
Zeit gern bei uns. Sie bereitet für uns Kholodec, einen Strudel mit Kohl und
Geflügel, sowie einen russischen Salat namens Olivje zu", sagt Ekaterina. "Eine
wichtige Rolle spielt für uns in der Weihnachtszeit Enthaltsamkeit in allen
Lebensbereichen. Man sollte nicht sündigen, nichts Böses tun und anderen
verzeihen", erklärt Lilija, die vor 25 Jahren nach Schwäbisch Hall gezogen
ist.Irina lebt seit 1994 in Hessental mit ihrer Familie. "Ich kann mich
daran erinnern, dass beim Essen Nudelsuppe für uns eine große Bedeutung hatte. Außerdem haben wir uns als
Christkind verkleidet. Das ist bei uns ein Mädchen, das sich als Enkelin des
Weihnachtsmanns vorstellt." Irinas Großvater sei sehr religiös gewesen und
habe in der Vorweihnachtszeit aus der Bibel vorgelesen. Die Großmutter backte vor
dem Fest Kuchen und Kekse. Sie konnte sogar selbst Butter machen. Schon im
Herbst habe man sich auf Weihnachten vorbereitet. "Der Speck wurde
rechtzeitig geräuchert, und Gurken sowie Tomaten wurden meistens von unseren
Großeltern eingelegt", sagt Irina und fügt hinzu: "Mir gefällt es,
wie man hier in Deutschland Weihnachten feiert. Es werden viele Gebäude mit
bunten Lichtern verziert. Die Straßen strahlen Weihnachtsstimmung aus. Ich
beginne, den Moment zu genießen."
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Zusatzinfo
Die Geschichte der wolgadeutschen Aussiedler
Deportation
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die Russlanddeutschen innerhalb
weniger Wochen aus den europäischen Teilen der Sowjetunion nach Osten
deportiert. Dies geschah entsprechend dem Erlass des Obersten Sowjets, dem
Legislativorgan der UDSSR, vom 28. August 1941. Die Deportierten wurden
vorwiegend nach Sibirien, Kasachstan und an den Ural gebracht. Die Sowjetunion
wollte mit der Umsiedlung eine weitreichende Kollaboration der
Russlanddeutschen mit Nazi-Deutschland verhindern. Aus diesem Grund wird der
Bevölkerung mit deutscher Herkunft die deutsche Staatsangehörigkeit gewährt.
Die meisten Menschen, die aus diesen Gebieten und Kreisen kommen, ziehen
infolgedessen nach Deutschland.
Die Sowjetunion wollte sie vollständig zu zerstören, weil sie Deutsche waren.
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